Cornelia Schleime – „Von Angesicht zu Angesicht“
Lisa Schreiber

es schwer die Mitte zu finden“, ist die Aussage der Ost-Berliner K�nstlerin
Cornelia Schleime, die seit dem 16.11.03 im Museum Junge Kunst in Frankfurt
Oder einen umfangreichen Auszug aus ihren Arbeiten der letzten Jahre zeigt.
Ihre Neigung zum Extremen wird dabei bereits in der Auswahl der Kunstwerke
deutlich: neben ihren �berlebensgro�en Portraits werden kleine Malereien
gezeigt, die alle den Gegenstand Mensch und Identit�t in der Ausstellung von
Angesicht zu Angesicht thematisieren.
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style=’font-size:8.0pt;font-family:Verdana’>Die Werke von Cornelia Schleime,
geboren 1953 in Ostberlin, zeugen von einer Spannung zwischen Individualit�t
und �u�eren Schranken. Diese erfuhr sie selber durch ihre streng katholische
Erziehung und deren gleichzeitiger Verleugnung im Alltag des Sozialismus. Als
sie bereits als K�nstlerin arbeitet, wird sie erneut mit den Einschr�nkungen
des DDR-Regimes konfrontiert: ihre Kunst wird nicht nur als nicht
konformistisch bezeichnet, sondern dar�ber hinaus ein Ausstellungsverbot �ber
ihre Kunst verh�ngt. Das veranla�t sie 1984 dazu Ostberlin zu verlassen und in
den Westen �berzusiedeln.
Ihre
acht Nonnenportraits, welche die Ausstellung dominieren, sind unter der Pr�gung
ihres streng katholischen Elternhauses entstanden. Die Bilder folgen dabei dem
Prinzip der Montage: sie konfrontiert extrem sinnliche, erotische und
individuelle Gesichter mit der feierlichen, steifen Nonnentracht. Die dadurch
entstandene Ironie ist jedoch nicht beabsichtigt. Vielmehr entsteht diese
unfreiwillig, indem sie frei mit dem Material umgeht. Dem �blichen weltlichen
Bild der Nonne, setzt sie ihr eigenes Bild, der autonomen, erotischen und
lebenslustigen Nonne entgegen, welche auf den Augenblick der versprochenen
g�ttlichen Vereinigung wartet. So setzt Frau Schleime hinter der steifen
Nonnentracht, leidenschaftliche, erotische und sinnliche Individualit�ten frei,
die der strengen Maskerade entfliehen zu scheinen.
Gemalt
sind die Bilder mit Arcyl und Asphaltlack, der dem schwarzen Ornat etwas
Best�ndiges, Strenges und Geschlossenes verleiht und gleichzeitig mit den
wei�en Gesichtern Spannung erzeugt. Eine Spannung zwischen Individualit�t und
�u�eren Schranken. Ihre Arbeitsweise bezeichnet Frau Schleime dabei als einen
unvorhersehbaren Prozess. So auch bei den Portraits von selbstbewu�ten,
weltlichen Frauen, bei der sie neben Aryllack Schellack verwendet. Der
Schellack wird dabei auf das fertige Bild gespr�ngt und beginnt einen
unvorhersehbaren Zersetzungsprozess. Dadurch entsteht eine Dissonanz zwischen
ausgepr�gter Sch�nheit und fast krankhafter Erscheinung. So will keines ihrer
Werke einer Norm entsprechen. Im Gegensatz steckt „in jedem meiner Bilder ein
Stachel“, meint die K�nstlerin.
W�hrend
die �lmalerei ein unvorhersehbarer, aufregender Arbeitsprozess ist, stehen ihre
kleineren Zeichnungen und Malereien eher f�r einen R�ckzug ins Detail, Ruhe und
Lebensferne. Allein der Malprozess ist deutlich ruhiger, konzentrierter und
weniger aufwendig. Gezeigt werden Portraits junger M�dchen, deren kleinen K�pfe
in der Mitte des Bildes fast verloren gehen, w�hrend die Dynamik der langen
Z�pfe in scheinbar schwingenden Bewegungen das Bild ausf�llen. Neben den
kleinen Portraits werden traumhaft, abstrakte Wesen gezeigt. Im Gegensatz zu
den bereits beschriebenen Portraits wird bei diesen menschenartigen Gestalten
mit intensiver Farbe gespart und statt dessen Pastellt�ne verwendet, welche den
verschwommen gemalten Gestalten einen traumhaften und lebensfernen Charakter verleihen. Die K�nstlerin verzichtet
hier ebenso auf einen vollst�ndig ausgemalten Hintergrund. Im Vordergrund
scheint hier ein Traumbild des Menschen zu stehen, welches bewu�t von der
Realit�t abgegrenzt wird. Diese Bilder zeugen erneut von den extrem
unterschiedlichen Einstellungen der K�nstlerin: so steckt in ihr einerseits das
Temperament zur Lebensbejahung und Selbstbehauptung, zur Konfrontation und
Provokation. Andererseits aber auch der Wunsch zum R�ckzug in die Ruhe,
Lebensferne, vielleicht in die Kindheit oder in einen Traum.
Auffallend
ist, dass im Frankfurter Junge Kunst Museum fast nur Frauenportraits der
K�nstlerin Cornelia Schleime gezeigt werden. Frau Schleime tendiert zwar zu
einer Abbildung der Weiblichkeit, betont aber das sie m�nnliche Darstellungen
nicht ablehnt und gleichzeitig nicht auf eine feministische Position abzielt.
Im Gegenteil meint sie, dass ihre Bilder „keine feministische Position ben�tigen“
und keinem typischen Rollenbild folgen wollen. Sie sind erotisch, sch�n und
weiblich, k�nnen streng, revolution�r und unterw�rfig sein. Die Charaktere
ihrer Portraits bilden eine breite Facette ab, wollen keinem Bild folgen, au�er
dem, sie selber sein zu wollen. So bleibt ihnen trotz ihrer Unterschiedlichkeit
immer eins gemeinsam: der Wunsch zur eigenen Selbstbehauptung und die Lust am
Leben.